Wandern
 

Der Mummelsee und die Hornisgrinde

Anfahrt  
Ort: Seebach
Entfernung: 44 km
Zeit: 56 Minuten
Navi-Eingabe: Seibelseckle 1, 77889 Seebach


Wir starten unsere Tour am Parkplatz am Seibelseckle (z. B. am Skilift). Zunächst geht es südlich der Schwarzwald-Hochstraße (B500) zum Parkplatz am Mummelsee. Dabei ermöglicht uns eine vom Sturm Lothar 1999 geschaffene Waldlichtung einen herrlichen Blick über den Schwarzwald, nach Seebach und ins Rheintal. Ein Teil des Weges ist gesäumt mit Heidelbeer-Büschen. Am Wanderschild Lenderswald biegen wir rechts ab und gelangen so zum Mummelsee.
Der Mummelsee hat seinen Namen vermutlich von den einst zahlreich auf dem See wachsenden weißen Seerosen, die in dieser Region "Mummeln" genannt werden. Er ist ein Karsee, der in der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren entstanden ist. Während dieser Zeit bewegten sich große Gletscher über die Schwarzwaldlandschaft und hinterließen dabei markante Vertiefungen im Gelände. Als die Gletscher schließlich schmolzen, füllten sich diese Hohlformen mit Wasser. Der Mummelsee liegt auf etwa 1.036 Metern Höhe und ist bekannt für seine nahezu kreisrunde Form und die malerische Umgebung. Mit einer Tiefe von etwa 17 Metern gehört er zu den beeindruckendsten Karseen des Schwarzwaldes. Zahlreiche Mythen und Sagen verleihen ihm eine geheimnisvolle und romantische Aura. Bei der 700 m langen Umrundung des Sees können wir uns die Sagen und Gedichte zu Gemüte führen.


Die Sage vom Mummelseekönig

Sage  
 
Sie erzählt von einem geheimnisvollen König, der in einem prächtigen Kristallpalast tief auf dem Grund des Mummelsees lebt. Er ist der Herrscher über das Wasser und die umliegenden Wälder. Der Mummelseekönig ist von wunderschönen Nixen umgeben, die ihm dienen und die Natur bewachen. In der Nacht sollen die Nixen aus dem See steigen, um auf den Wiesen zu tanzen und Reisende mit ihrer Schönheit zu bezaubern. Es heißt, dass diejenigen, die den König oder seinen See entehren, bestraft werden könnten. Manche Legenden berichten auch, dass er nur selten aus seinem Palast auftaucht – dann allerdings soll sein Erscheinungsbild überwältigend und zugleich furchterregend sein.


Die Wassergeister

Sage  
 
Die Sage von den Wassergeistern des Mummelsees erzählt von mystischen Wesen, die tief im See leben. Diese Wassergeister, oft als Nixen dargestellt, sollen sowohl wohlwollend als auch unberechenbar sein. Ihnen wird nachgesagt, dass sie Reisende warnen oder ihnen helfen können, sich jedoch auch rächen, wenn man den See entweiht oder respektlos mit der Natur umgeht. Eine bekannte Erzählung berichtet von einem jungen Mann, der einst einen der Wassergeister gesehen haben soll. Der Geist habe ihn vor einem Unwetter gewarnt, wodurch der Mann rechtzeitig Zuflucht suchen konnte.
Doch es wird auch erzählt, dass Menschen, die gierig oder überheblich waren, von den Wassergeistern in den See gezogen wurden und nie wieder auftauchten.


Die versunkene Stadt

Sage  
 
Die Sage von der versunkenen Stadt am Mummelsee erzählt von einer reichen, aber hochmütigen Stadt, die einst an der Stelle des heutigen Sees existierte. Die Bewohner dieser Stadt sollen so von Gier und Stolz erfüllt gewesen sein, dass sie weder Dankbarkeit noch Respekt für die Natur und andere Menschen zeigten. Eines Tages soll ein mächtiges Unwetter über die Stadt hereingebrochen sein, begleitet von donnernden Wolken und starken Regenfällen. Die Erde öffnete sich und verschlang die Stadt, die vollständig im Wasser versank. So entstand der Mummelsee. Es heißt, dass in stillen Nächten oder bei Vollmond das Läuten der Glocken der versunkenen Stadtkirche aus der Tiefe zu hören sei, als wäre die Stadt noch immer dort unten begraben und ihre Bewohner würden um Vergebung bitten.
Diese Legende dient oft als Mahnung gegen Hochmut und Respektlosigkeit, indem sie die Konsequenzen solcher Eigenschaften in Form einer mystischen Strafe darstellt.


Wir wandern weiter und umrunden den 1.123 m hohen Katzenkopf, um zum Hornisgrinde-Aussichtsturm zu gelangen. Auf dieser Strecke eröffnen sich dem Wanderer immer wieder grandiose Aussichten, unter anderem den "Mummelseeblick". Hier ist der Standort für das Fotomotiv des Sees schlechthin, das man häufig auf Ansichstkarten sieht. Während wir den Blick auf den Mummelsee genießen, können wir drei Gedichten, die den See zum Thema haben, lauschen: (Die Gedichte sind jeweils ein- und ausklappbar.)


August Schnelzer: Der Mummelsee

Gedicht  
 
Im Mummelsee, im dunklen See, da blüh'n der Lilien viele,
Sie wiegen sich, sie biegen sich, dem losen Wind zum Spiele;
Doch wenn die Nacht hernieder sinkt,
Der volle Mond am Himmel blinkt,
Entsteigen sie dem Bade
Als Jungfern am Gestade.

Es bläst der Wind, es saust das Rohr, die Melodie zum Tanze,
Die Lilienmädchen schlingen sich, als wie zu einem Kranze;
Und schweben leis' umher im Kreis,
Gesichter weiß, Gewänder weiß
Bis ihre bleichen Wangen
Mit zarter Röte prangen.

Es braust der Sturm, es pfeift das Rohr, es rauscht im Tannenwalde,
Die Wolken zieh'n am Monde hin, die Schatten auf der Halde;
Und auf und ab, durch's nasse Gras
Dreht sich der Reigen ohne Maß,
Und immer lauter schwellen
An's Ufer an die Wellen.

Da hebt ein Arm sich aus der Flut, die Riesenfaust geballet
Ein triefend Haupt dann, schilfbekränzt vom langen Bart umwallet,
Und eine Donnerstimme schallt,
Dass im Gebirg' es widerhallt:
»Zurück in eure Wogen,
Ihr Lilien ungezogen!«

Da stockt der Tanz, die Mädchen schrein, und werden immer blässer:
»Der Vater ruft, hu, Morgenluft! Zurück in das Gewässer!«
Die Nebel steigen aus dem Tal,
Es dämmert schon der Morgenstrahl,
Und Lilien schwanken wieder
Im Wasser auf und nieder.

Strophe 1 von 10
Die anderen Strophen findest du auf dieser Internetseite (externer Link).



Eduard Mörike: Die Geister am Mummelsee (Ballade, 1829)

Ballade  
 
Vom Berge was kommt dort um Mitternacht spät
mit Fackeln so prächtig herunter?
Ob das wohl zum Tanze, zum Feste noch geht?
Mir klingen die Lieder so munter.
O nein!
So sage, was mag es wohl sein?

Das, was du da siehest, ist Totengeleit,
und was du da hörest, sind Klagen.
Dem König, dem Zauberer, gilt es zuleid,
sie bringen ihn wieder getragen.
O weh!
So sind es die Geister vom See!

Sie schweben herunter ins Mummelseetal –
sie haben den See schon betreten –
sie rühren und netzen den Fuß nicht einmal –
sie schwirren in leisen Gebeten –
o schau
am Sarge die glänzende Frau!

Jetzt öffnet der See das grünspiegelnde Tor;
gib acht, nun tauchen die nieder!
Es schwankt eine lebende Treppe hervor,
und – drunten schon summen die Lieder
hörst du?
Sie singen ihn unten zur Ruh.

Die Wasser, wie lieblich sie brennen und glüh'n!
Sie spielen in grünendem Feuer;
es geisten die Nebel am Ufer dahin,
zum Meere verzieht sich der Weiher. –
Nur still!
Ob dort sich nichts rühren will?

Es zuckt in der Mitten – o Himmel! Ach hilf!
Nun kommen sie wieder, sie kommen!
Es orgelt im Rohr, und es klirret im Schilf;
nur hurtig, die Flucht nur genommen!
Davon!
Sie wittern, sie haschen mich schon!



August Kopisch: Der Jäger am Mummelsee

Gedicht  
 
Der Jäger trifft nicht Hirsch noch Reh,
Verdrießlich geht er am Mummelsee.

Was sitzt am Ufer? – Ein Waldmännlein,
Mit Golde spielt es im Abendschein. –

Der Jäger legt an: „Du Waldmännlein,
Bist heute mein Hirsch, dein Gold ist mein!“

Das Männlein aber taucht unter gut, –
Der Schuß geht über die Mummelfluth.

„Ho ho, du toller Jägersmann!
Schieß du auf – was man treffen kann!

Geschenkt hätt’ ich dir all das Gold,
Du aber hast’s mit Gewalt gewollt.

Drum troll’ dich mit lediger Tasche nach Haus!
Ihr Hirschlein tanzet, sein Pulver ist aus!“

Da springen ihm Häselein über die Bein’
Und kichernd umflattern ihn Lachtäubelein.

Und Elstern stipitzen ihm Brod aus dem Sack,
Mit Schabernak, husch, und mit Gik und Gack;

Und flattern zur Liebsten, und singen um’s Haus:
„Leer kommt er, leer kommt er, sein Pulver ist aus!“



Es geht weiter hinauf auf die Hornisgrinde, der mit 1.164 Metern höchste Berg im Nordschwarzwald und bekannt für die beeindruckende Hochmoorlandschaft. Wir treffen auf den Hornisgrinde-Aussichtsturm, der ursprünglich 1910 erbaut wurde und lange militärisch genutzt wurde, bevor er 2005 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Wer den Aufstieg wagt, wird mit grandiosen Panoramablicken auf das Rheintal und die Vogesen belohnt. Besteigbar ist der Turm zum Preis von 1 € täglich außer montags von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr.
Aus der Zeit der militärischen Nutzung als das Gebiet militärisches Sperrgebiet war, stammt auch der Bunker auf der Hornisgrinde. Er wurde von der französischen Armee in den 1950er Jahren für geheime Nachrichtenübermittlung genutzt. Heute ist der Bunker ein historisches Denkmal. Am Tag der offenen Bunkertür kann der Bunker kostenfrei besichtigt werden.
Von dort aus umrunden wir auf dem Grindepfad das Hochmoorgebiet. Auf dieser 3 km-Runde begleiten uns 12 Stationen mit Informationen. Das Hochmoor auf der Hornisgrinde ist über Tausende von Jahren entstanden. Es wurde durch eine Kombination aus klimatischen und geologischen Bedingungen geformt. Aufgrund der Höhenlage und des kühlen, feuchten Klimas konnte sich dort Wasser stauen. Da der Abfluss des Wassers durch den dichten, wasserundurchlässigen Untergrund aus Buntsandstein begrenzt ist, kam es zur Bildung eines Moors. Im Laufe der Zeit sammelten sich abgestorbene Pflanzenreste an, die sich wegen des Sauerstoffmangels im nassen Boden nicht vollständig zersetzen konnten. So entstand Torf, das charakteristische Material eines Hochmoors. Dieser Prozess ist unglaublich langsam – es dauert Jahrhunderte, bis sich eine Torfschicht von nur wenigen Zentimetern bildet.
Am nördlichen Rand des Moorgebietes erreichen wir den besteigbaren Bismarckturm. Er wurde ursprünglich 1822 als acht Meter hoher Signalpfeiler für die Landesvermessung aus Sandsteinquadern errichtet. Später wurde er mit festem Mauerwerk versehen und in den Bismarckturm umgewandelt. Der Turm wurde 1892 zu einem Aussichtsturm umgebaut, im Jahr 2000 saniert und durch eine äußere Wendeltreppe aus Stahl wieder zugänglich gemacht.
Danach geht es zurück, immer an der Ostkante der Hornisgrinde entlang auf einem Bohlenweg durch das geschützte Hochmoor. Dabei bieten sich uns Aussichten in den Biberkessel und über unberührt wirkende weite Waldlandschaften. Unser nächstes Wanderziel ist der Dreifürstenstein, dem höchsten Punkt des früheren Herzogtums Württemberg. Auf dieser Buntsandsteinplatte wurde im Jahr 1722 die Grenzen zwischen der Markgrafschaft Baden, dem Herzogtum Württemberg und dem Fürstbistum Straßburg festgelegt. Von dort führt ein schmaler, steiler Pfad zurück bis zu unserem Ausgangspunkt "Seibelseckle". Dort gibt es an der Rasthütte (täglich geöffnet von 9.30 Uhr bis 17.30 Uhr) die Möglichkeit der Einkehr.



 
 
© | Clemens Woythal
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